30. November 2023

Tonhalle St. Gallen

Cellissimo

Carl Maria von Weber

Turandot – Ouvertüre und Marsch

Franz Schubert

Symphonie in h-Moll, D759 «Die Unvollendete»

Antonín Dvořák

Cellokonzert h-Moll, Op.104

Das tragikomische Märchen Turandot ist ein Theaterstück in fünf Akten, das vom Venezianer Carlo Gozzi geschrieben wurde. Es ist nach der Hauptfigur Turandot benannt, der Tochter des Kaisers von China. Es folgten mehrere Nachdichtungen, wobei die bekannteste von Friedrich Schiller (Turandot, Prinzessin von China) stammt, zu welcher Carl Maria von Weber im Jahre 1809 die Bühnenmusik schrieb. Die Turandot-Musik basiert tatsächlich auf einem einzigen orientalischen Thema, welches er in Jean-Jacques Rousseaus «Dictionnaire de la Musique» von 1768 fand. Rousseau bezeichnete die pentatonische Melodie als «air chinois» und sie erscheint in jedem der folgenden Bühnenmusikstücke. Weber hat dieser pentatonischen Melodie eine merkwürdige Wendung verliehen, indem er eine «fremde Note» eingefügt hat. Seine Bühnenmusik geriet schnell in Vergessenheit und erlangte erst im 20. Jahrhundert Bedeutung, als Paul Hindemith die «air chinois» in seinen eigenen Symphonischen Metamorphosen nach Themen von Carl Maria von Weber verwendete. Andererseits war Ferruccio Busoni der Meinung, dass Schiller und Weber «ein Meisterwerk der italienischen Literatur ruiniert» hätten, und machte sich an die Arbeit an seine eigene Turandot. Die wohl berühmteste Turandot ist die Oper von Puccini. Die Prinzessin also war Inspiration für viele verschiedene Komponisten.

Die Sinfonie in h-Moll D 759, genannt «Die Unvollendete», ist eine als dreisätziges Fragment überlieferte Sinfonie mit zwei vollständigen Sätzen von Franz Schubert, die 1822 in Wien entstand. Wieso die Sinfonie in h-Moll letztlich unvollendet blieb, gab ihrer Nachwelt Rätsel auf und ist bis heute Gegenstand der Diskussion. So wird unter anderem behauptet, Schubert habe seine Sinfonie am Ende des zweiten Satzes bereits als «vollendet» betrachtet, eine Vervollständigung sei somit undenkbar. Angeblich beweise allein schon die Tatsache, dass Schubert die Halbpartitur mitsamt einem Titelblatt aus der Hand gab und dem Steiermärkischen Musikverein widmete, dass er das Werk «in zweisätziger Form als fertig» betrachtete. Dem steht die Meinung gegenüber, dass das als dritter Satz skizzierte Scherzo qualitativ nicht auf der Höhe der ersten beiden Sätze sei und daher irrelevant ist. Eine weitere These besagt, Schubert habe die Arbeit am dritten Satz abgebrochen, weil er in eine zu starke Nähe zum Scherzo von Beethovens 2. Sinfonie geriet. Wieder andere behaupten, Schubert habe die Sinfonie wie viele andere schlicht aufgegeben. Doch all diese sind und bleiben Spekulationen, die sich aus den Manuskripten weder stützen noch widerlegen lassen.

Diesmal zelebrieren wir das Cello mit einem von Dvořáks bekanntesten Werken, dem Cellokonzert h-Moll, Opus 104. 1895 soll Brahms, nachdem er die Partitur gelesen hatte, ausgerufen haben: «Warum habe ich nicht gewusst, dass man ein Cellokonzert wie dieses schreiben kann? Hätte ich es gewusst, hätte ich schon vor langer Zeit eines geschrieben!». Dvořák schrieb das Cellokonzert zwischen 1894 und1895 in den USA. Das Konzert wurde in London uraufgeführt. Zunächst war er von diesem Instrument wenig begeistert. Er schrieb sogar: «Ein Stück Holz, das oben kreischt und unten brummt» – keine sehr schmeichelhafte Beschreibung für ein Violoncello. Wer diese Musik hört, der merkt aber: Insgeheim muss Dvořák das Cello geliebt haben.
In der Musik steckt alles, was wir an Dvořák lieben und schätzen: wunderbar gesangliche Themen, oft angehaucht von den Melodien aus Dvořáks Heimat Böhmen, grosse dramatische Steigerungen, lyrische Gänsehaut-Stellen, eine fein ausgeklügelte Instrumentation. Und für die Cellistin jede Menge Gelegenheiten, die Qualitäten ihres Instruments zu zeigen, mal mit virtuosen Sprüngen, Läufen und Doppelgriffen (hier ist die Intonation übrigens ein heikles Thema), dann wieder mit schwelgerischen langsamen Passagen, die ganz vom Gesang inspiriert sind.

Cello

Milena Umiglia

Milena Umiglia

Milena Umiglia wurde in eine musikalische Familie hineingeboren und erhielt ihren ersten Cellounterricht von ihrer Mutter. Im Alter von 10 Jahren nahm sie Unterricht bei Rafael Rosenfeld und studierte bei ihm bis zum Bachelorabschluss an der Musikhochschule Basel 2018. Seitdem setzt sie ihr Studium bei Thomas Grossenbacher an der Zürcher Hochschule der Künste fort.

Milena hat mehrere Preise gewonnen, u. a. den 1. Preis beim Schweizer Jugendmusikwettbewerb (einige davon «mit Auszeichnung») und Stipendien der Friedl Wald Stiftung, der Aebi-Luthy Stiftung und des International Lyceum Club Zürich. Sie nahm an Meisterkursen mit renommierten Cellisten wie David Geringas, Wolfgang Emanuel Schmidt, Peter Bruns und Reinhard Latzko sowie Kammermusikpädagogen wie Eberhardt Feltz und Robert Levin teil. Sie hatte die Möglichkeit, mit Kammermusikpartnern wie Julia Fischer, Nils Mönkemeyer, Dima Smirnov, Benjamin Engeli, Fabio di Casola und Thomas Grossenbacher zu spielen. Milena ist auch Mitglied des Modulor Streichquartetts. Das junge Ensemble gewann kürzlich den zweiten Preis beim Schweizer Kammermusikwettbewerb Orpheus sowie den ersten Preis beim Kammermusikwettbewerb Kiwanis in Zürich und war 2022 Finalist des Young Credit Suisse Competition. Derzeit studiert sie bei Rainer Schmidt an der Musikhochschule Basel.

Als Solistin trat sie u.a. mit Orchestern wie dem Neuen Orchester Basel, dem Collegium Musicum Zug, dem Orchester Musikfreunde St. Gallen, dem Argovia Philharmonic Orchestra, dem Jugendsinfonieorchester der Zentralschweiz und dem Slowakischen Kammerorchester auf. 2018 gewann sie den dritten Preis des Cello-Wettbewerbs von Murten Classics und 2020 den Schenk-Solistenwettbewerb. Nachdem sie 2021 die letzte Runde für das Solo-Cello-Vorsprechen im Tonhalle-Orchester Zürich erreicht hatte, erhielt sie für ein Jahr eine ad interim Tutti-Stelle im Orchester. Außerdem ist sie eine von drei Finalisten des 19. Internationalen Musikwettbewerbs Padova 2023.