Nach einer langen Pause freut es uns sehr, wieder zurück auf der Bühne sein zu dürfen.
Corona zum Beginn des Konzerts, gleich im ersten Takt der Ouvertüre? Was wir Musikerinnen und Musiker unter Corona verstehen, ist eine alternative Bezeichnung für die Fermate: ein Ruhezeichen in Form einer nach unten offenen Parabel mit Punkt in der Mitte, welche über einer Note oder Pause stehen kann. Gleich nach diesem Aushaltezeichen, welchem wir im ersten Takt der Ouvertüre zur Oper «Il matrimonio segreto» («Die heimliche Ehe») begegnen, geht die Musik sofort freudig und virtuos weiter. Die komische Oper von Domenico Cimarosa wurde 1792 in Wien uraufgeführt. Für eine musikalische Komödie ist charakteristisch, dass ihre Hauptfiguren keine Adligen sind, sondern Bauern, Diener oder Stadtbürger. Eine Ouvertüre in D-Dur, in der italienischen Buffo-Manier. Schmunzeln inklusive.
Nach der Ouvertüre freue ich mich sehr, unseren Solisten Lukas Frind mit einem der bedeutendsten Werke der Musikliteratur begrüssen zu dürfen. Die 1876/77 geschriebenen, legendären «Rokoko-Variationen» in A-dur von P. I. Tschaikowsky gehören zu meinen liebsten Musikwerken, nicht zuletzt, weil ich mit einer Cellistin verheiratet bin. Diese Komposition widmete Tschaikowsky seinem Freund, dem deutschen Cellisten Wilhelm Fitzenhagen. Ihm erlaubte er auch die «Variationen» nach Belieben zu bearbeiten. Darauf veränderte Fitzenhagen die Reihenfolge der Variationen. Dieses Werk ist eine Huldigung Tschaikowskys an das grosse, verehrte Vorbild Mozart und eine Herausforderung für jeden Solo-Cellisten. Das Thema lehnt sich stilistisch an die Musik des 18. Jahrhunderts und fordert vom Solisten ein Äusserstes an Spielbrillanz und technischer Bravour. Musikalisch verbunden sind die Variationen durch Orchester-Episoden, die musikalisch quasi eine zweite Variationenfolge bilden.
Im zweiten Teil unseres Programms werden wir Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie in Es-Dur, Op. 55 hören. Die Sinfonie mit dem Beinamen «Eroica» (Heroische Sinfonie) entstand in den Jahren 1802/03. Das Werk gilt heutzutage als revolutionär und zählt zu den beliebtesten und meistgespielten Werken des Komponisten, dessen 250. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern. Das Werk ist überwiegend im Zusammenhang mit Beethovens damaliger Begeisterung für Napoleon zu sehen und sollte ursprünglich sogar den Titel «Buonaparte» tragen. Da Beethoven plante, von Wien nach Paris zu übersiedeln, wollte er die Sinfonie möglicherweise Napoleon persönlich präsentieren. Aus Enttäuschung darüber, dass dieser sich 1804 selber zum Kaiser krönte, nahm er die Widmung jedoch zurück. So blieb als offizieller Titel nur «Sinfonia eroica, composta per festeggiare il sovvenire di un grand’uomo» (Heroische Sinfonie, komponiert, um die Erinnerung an einen grossen Mann zu feiern). In seiner «Eroica» hatte Beethoven sowohl Anleihen aus der französischen Revolutionsmusik (vor allem im zweiten Satz, dem «Trauermarsch»), als auch Anklänge an Bachs Polyphonie verwendet, als musikalische Vision einer republikanischen Gesellschaft. Die Tatsache, dass Beethoven trotz seiner Enttäuschung über die Krönung Napoleons zum Kaiser seine Sinfonie musikalisch unverändert liess, lässt sich vielleicht damit interpretieren, dass er nach wie vor an den von Napoleon verratenen Idealen der Revolution «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» festhielt.